»Anders vernetzt – Autismus«
Reportageproduktion für das ZDF-Format »37 Grad Leben«
Einblick in das Thema »Autismus« durch unsere ZDF-Reportage »Anders vernetzt – Autismus«
Trubel überall, Menschen reden durcheinander, Musik dröhnt aus den Supermarktboxen, deine Arbeitskollegin möchte Small talken – was für die meisten von uns ganz normal ist, kann für Menschen im Autismus-Spektrum zum echten Stresstest werden.
In unserer ZDF-Reportage für das »37 Grad Leben«-Format begleiten wir zwei Personen, die anders funktionieren als der Großteil der Gesellschaft. Für Karin ist Small Talk ein Drahtseilakt. In Gruppen fühlt sie sich wie eine Außerirdische, die versucht, menschliche Codes zu knacken. Bis zu ihrem 26. Lebensjahr spürt sie zwar, dass sie irgendwie anders ist als andere, aber sie weiß nicht warum. Dann sieht sie eine TV-Reportage über Autismus – und plötzlich fallen alle Puzzleteile an ihren Platz. Die Diagnose gibt ihr endlich Antworten. Trotzdem ist der Alltag für Karin herausfordernd, jeden Tag aufs neue. Ihr größter Wunsch ist es, wieder Tischtennis zu spielen, aber sie traut sich nicht, den ersten Schritt zu machen. Mit einem Filmteam an ihrer Seite wagt sie es, was uns sehr beeindruckt hat.
Nico-Raphael dagegen wartet noch: Er hat noch keine eindeutige Diagnose, aber den Verdacht auf Autismus. Seit seiner frühen Kindheit merkt auch er, dass er anders ist als andere Menschen. Die erste Diagnose ADHS hilft ihm zu verstehen, aber da ist noch mehr, das spürt er. Zum Zeitpunkt unserer Dreharbeiten ist sein Leben ein wenig aus der Routine gefallen, denn er ist arbeitslos und sucht dringend einen neuen Job, der ihm Stabilität zurückbringt. Wir begleiten ihn zur Agentur für Arbeit und erleben, wie schwierig es für Nico-Raphael ist, mit fremden Menschen zu kommunizieren und seine Anliegen ansprechen.
DIE KOMPLEXITÄT MIT AUTISTISCHEN MENSCHEN ZU FILMEN
Die Produktion dieser Reportage über Menschen im Autismus-Spektrum erforderte eine monatelange, intensive Recherchearbeit. Eine besondere Herausforderung war auch das Casting der Protagonist*innen: Wir wollten Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen im Autismus-Spektrum vorstellen. Denn das, was wir während unserer Recherche sehr oft gehört haben, war: »Kennst du einen Autisten, kennst du einen Autisten«. Außerdem mussten wir Autist*innen finden, die sich vor der Kamera öffnen und uns erzählen können, wie sie die Welt erleben. Bis wir uns endgültig entschieden, haben wir mit sehr vielen autistischen Menschen gesprochen.
DIE RECHERCHE UND DIE DREHARBEITEN
Mit autistischen Menschen eine Filmproduktion zu planen ist anders, als bei herkömmlichen Dreharbeiten. Da autistische Menschen nicht gerne telefonieren, haben wir ausschließlich über E-Mail und digitale Konferenz-Tools kommuniziert. Das nimmt bedeutend mehr Zeit in Anspruch als schnell mal zum Telefon zu greifen. Und auch die Dreharbeiten gestalteten sich aufwendiger als üblich – mehr Drehtage waren nötig, da die Protagonist*innen regelmäßige Pausen benötigten. Was für neurotypische Menschen alltäglich ist, wird für Menschen im Autismus-Spektrum schnell zur Reizüberflutung und somit zur Belastung – darauf mussten wir Rücksicht nehmen.
EINE REINE O-TON-REPORTAGE
Unsere Hauptprotagonist*innen erzählen uns ihre Geschichte direkt in die Kamera, nicht wie sonst in einer Interviewsituation, wo die Interviewten an der Kamera vorbei zu ihrem Interviewpartner sprechen.
Um es für Karin und Nico-Raphael einfacher zu machen, während des langen Interviews konsequent in die Kamera zu schauen, arbeiteten wir mit einer technischen Besonderheit: die Eyedirect-Technik. Durch dieses Spiegelsystem sehen die Protagonist*innen unsere Autorin in der Kameralinse und können sie direkt anschauen. Bei Karin und Nico-Raphael gab es aber eine weitere »kleine« Hürde. Denn: Autistische Menschen haben oft Schwierigkeiten mit direktem Blickkontakt. Umso wichtiger war es, mehr Zeit für das Interview einzuplanen. Nico-Raphael und Karin wenden in solchen Gesprächssituationen einen Trick an: Sie schauen ihrem Gegenüber entweder zwischen die Augen oder auf den Brillenrand, wenn das Gegenüber eine Brille trägt.
Diese Produktion war für uns sehr besonders. Das lag ganz sicher an unseren Protagonist*innen, die uns über Wochen und Monate begleitet haben und es auch immer noch tun. Eine solche Fernsehproduktion erfordert eben viel mehr als gute Ideen und technisches Know-how – sie basiert auf einer präzisen Planung, Koordination, auf Teamleistung und sehr viel Vertrauen.
Über acht Monate hinweg haben wir diesen Prozess gesteuert: mit vielen Aufs und Abs, Entscheidungen, Kurswechseln und wertvollen Erfahrungen, die uns als Team gestärkt haben. Was wir gelernt haben: Das Thema »Autismus« ist so wichtig. Wir wünschen uns mehr Verständnis für unterschiedliche Lebensrealitäten. Und vielleicht auch ein Stück mehr Gelassenheit im Umgang miteinander.

Karin in als Dozentin an der Hochschule Freiburg beschäftigt

Nico-Raphael bei der Beratung im Arbeitsamt

Karin wird schnell unruhig, wenn ihre Straßenbahn nicht pünktlich kommt

Nico-Raphael ist viel mit seinem Fahrrad in Leipzig unterwegs – der ÖPNV stresst ihn zu sehr

Der Inhalt von Karins Notfalltasche, die sie immer bei sich hat

Am liebste spiel Nico-Raphael Computerspiele – sein Lieblingsspiel ist Mario Kart
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UNSERE DIENSTLEISTUNGEN
- Recherche, Organisation und Planung der Filmproduktion in Leipzig, Freiburg und Berlin
- Filmproduktion und Reiseorganisation
- Dreharbeiten mit eigenem Ton-, Licht- und Kameraequipment (Sony FX6 und FX30)
- Regie und Interviews
- Postproduktion und Colorgrading mit AVID Symphony am MacPro
- Recherche und Musikauswahl
- Fotobearbeitung und Grafikanimationen mit After Effects
- Transcodierung für HD-Verwertung